Seit Dezember sind sie nun vollzählig errichtet: die 7 Kapellen der „Siegfried und Elfriede Denzel Stiftung“.

Aus dem Wunsch der Stifter – Kunst, Geschichte, Kirche, Religion und Kultur zu fördern – und unter Anregung des damaligen Bezirksheimatpflegers Dr. Peter Fassl entwickelte sich ab 2017 das Projekt, an Radwegen im Dillinger Land sieben zeitgenössische Wegekapellen zu errichten.

Kapellen sind in der christlichen Tradition tief verwurzelt, sie bieten seit jeder die Möglichkeit der Andacht in einem baulich kleinen Raum. Angesichts der Vielzahl der Votiv-, Wallfahrts-, Einsiedler- und Hofkapellen erscheint eine Interpretation dieses Grundgedankens in heutige architektonische Formensprache höchst interessant. Die Stiftung konnte namhafte Architekten gewinnen, die sich für die Idee begeisterten und jeweils bemerkenswerte Ergebnisse präsentierten. Lediglich zwei Vorgaben mussten berücksichtigt werden: der Werkstoff Holz und die Einbindung eines Kreuzes als Symbol christlichen Glaubens. Ansonsten konnten die Architekten frei gestalten – wenn auch innerhalb eines Kostenrahmens von 100.000 Euro je Bauwerk. Alle Kapellen wurden ökumenisch gesegnet und sind frei zugänglich.

Der Augsburger Architekt Hans Engel zeichnet für die erste Kapelle nahe Peterswörth bei Gundelfingen verantwortlich. Trotz kreuzförmigen Grundrisses erinnert mich die Gestaltung mit den tragenden Rundsäulen mehr an einen Tempel. Die in den Glaswänden eingelassenen Sinnsprüche großer Denker spannen den philosophischen Bogen zwischen Mensch und Natur. Vielleicht trägt auch der nahe Weiher dazu bei, dass man sich hier sehr gelassen fühlt. Bei einem Besuch in der Zeit des Ernte-Dank-Festes war die Kapelle mit dekorativen Gestecken geschmückt, ein gutes Zeichen dafür, dass das Bauwerk von den BürgerInnen der Umgebung gepflegt und betreut wird.

Bei Emersacker hat der Architekt Wilhelm Huber (Betzigau) eine markante Landmarke an den Waldrand gesetzt. Der überdachte Vorbereich erhöht sich zum 12 Meter hohen Turm mit Oberlicht. Im Inneren fasziniert mich das dadurch einfallende blaue Licht auf die ganz in Weiß gehaltenen Wände. Die Kapelle ist die einzige, bei der im Innenraum nicht der Werkstoff Holz im Vordergrund steht, sondern ganz bewusst ein Gegenpol zur Natur gesetzt wird, verstärkt noch durch ein einfaches Metallkreuz. 

Der in Augsburg durch die Neugestaltung der Moritzkirche bekannte britische Architekt John Pawson gilt als Meister des Weglassens. Seine Kapelle bei Unterliezheim gewinnt ihre Ausdrucksstärke durch die Wuchtigkeit der verwendeten, unbehandelten Douglasien und die exponierte Hanglage mit weitem Landschaftsblick. Scheinbar geschichtete Baumstämme, in deren Inneren ich mich vom gelben Lichtkreuz ebenso angezogen fühle wie vom Werkstoff Holz an sich: die Stirnholzseiten zeigen wunderschöne Strukturen. Licht spendet nur ein einziges Fenster, das aber gerade dadurch den Blick auf die Landschaft verstärkt.

Ein auffälliges Zeichen in die weite Landschaft setzt auch die Kapelle von Franz Lattke aus Augsburg. Je nach Standort sieht man entweder einen spitzen Giebel oder ein von zwei Fallrohren betontes dreieckiges, steil abfallendes Dach. In Kombination mit dem durch Wolken bewegten Himmel bieten sich mir erstaunliche Fotomotive. Auch im Inneren dominieren spitze Winkel, die den Blick zum Kreuz führen, gleichzeitig lassen hohe Fensterschlitze wiederum Ausblicke auf die weiten Felder der Umgebung zu.

Aufwärts strebt die Kapelle von Alen Jasarevic (Mering) bei der Ludwigsschwaige, an einem Altarm der nahen Donau. Das Bauwerk, das nach der Idee des Architekten gleich zweier zum Gebet gefalteter Hände 12 Meter in den Himmel ragt, zieht unweigerlich an. Bei fast untergehender Sonne die Kapelle zu umgehen, bietet immer neue beeindruckende Ansichten bei sich verändernder Wahrnehmung der Perspektive. Ein dreieckiges Schwenkportal, das schon fast an den Zugang einer Kathedrale erinnert, führt in den vom Oberlicht mit Kreuz beleuchteten, durch Stufen tiefer gelegten Besinnungsraum. In zwei persönlichen Gesprächen wies uns der Stifter Siegfried Denzel nicht nur darauf hin, dass die Innenwände mit einem Hohleisen in dreimonatiger Arbeit von Hand gekerbt wurden, wichtig ist ihm auch, dass der interkulturelle Dialog zwischen christlichem Bauwerk und muslimischem Architekten eine höchst zufriedenstellende Tatsache ist.

Im September 2020 gesegnet wurde die Kapelle bei Kesselostheim, Architekt ist Volker Staab aus Berlin. Weithin sichtbar, strebt auch sie in die Höhe, allerdings in einer völlig anderen Formensprache. Platziert auf einer Anhöhe zwischen großen Bäumen erinnert sie mich zunächst an einen Wachturm. Der quadratische Grundriss führt Holzlamellen 14 Meter nach oben, gleichzeitig sind die Wände durch diese Konstruktion jedoch offen für das Licht wie für Regen und Wind. Im Inneren fühlt man sich geschützt aber doch gleichzeitig verbunden mit der Natur draußen. Der Blick nach oben fängt sich im den Bau abschließenden Kreuz: ein sehr schöner Blickwinkel, wenn sich über der Kapelle der blaue Himmel wölbt.

Die letzte der 7 Kapellen ist bei Oberthürheim zu finden. Ihr zukünftiger Standort war uns bereits länger bekannt, aber noch im Oktober war an der Weggabelung nur ein altes Feldkreuz zwischen Kastanienbäumen zu sehen. Dass nun Ende Dezember die Kapelle von Prof. Christoph Mäckler (Frankfurt/Main) in kürzester Zeit errichtet wurde, spricht für die Möglichkeiten des Werkstoffs Holz. Auf mich wirkt sie beim ersten Sehen ungemein schmal und spitz nach oben ragend, durch den Vorbau und die deutlich platzierten Kreuze wie eine auf das Notwendigste reduzierte Kirche. Tatsächlich ist diese Betonung des Vertikalen bewusst in Anlehnung an gotische Bauweise vom Architekten eingesetzt. Der Innenraum gewinnt durch 172 kleine Fensteröffnungen, die auch die Außenansicht architektonisch interessant gestalten, an Weite. Die kleinen Fenster sind aus blauem Glas und leuchten an diesem strahlenden Wintertag meines Besuchs besonders intensiv. Sie bilden die Umrahmung für die steile, nach Westen ausgerichtete Wand mit Lichtkreuz und gefasster Kerze.

7 Kapellen im Dillinger Land

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